BHKG – Quo Vadis? Teil I
Ich hatte bereits seit einiger Zeit vor, einen Artikel über den Referentenentwurf des neuen Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) zu schreiben. Nachdem ich bereits die ersten Zeilen zu Papier gebracht hatte, habe ich dann letzte Woche die Gemeinsame Stellungnahme von VDF, AGBF NRW, AGHF NRW und einige weiteren Verbänden erhalten, welche einige Punkte aufgreift, die ich persönlich im Gesetzesentwurf ebenfalls als verbesserungswürdig definiert hätte. Auch die Stellungnahme ist m.E. Nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss, kann aber als wesentliche Verbesserung des Entwurfes gelten. Dies gilt insbesondere, da sich mit den teilnehmenden Verbänden, welche sich zu einer gemeinsamen Stellungnahme durchringen konnten, die wesentlichen Akteure, für die dieses Gesetz anschließend die Handlungsgrundlage darstellt, Schulter an Schulter positionieren. Sowohl den Gesetzesentwurf als auch die Stellungnahme möchte ich euch hier zum Download anbieten. – Entwurf des BHKG – Gemeinsame Stellungnahme der Verbände Da auf Grundlage der Stellungnahme bereits wesentliche Punkte meines ursprünglichen Artikels angesprochen wurden, habe ich nun einen komplett neuen Artikel geschrieben und möchte lediglich einige Punkte ansprechen, welche mir besonders ins Auge gefallen sind. Aufgrund des Umfangs habe ich mich dazu entschieden, diesen Artikel aufzuteilen und in mehreren Teilen zu veröffentlichen. Heute folgt nun der erste Teil mit den Inhalten Katastrophe, Ölspurproblematik und Mitwirkung der Gemeinden im Katastrophenschutz.
Welcome Back Katastrophe!
Die Katastrophe ist zurück, und das ist auch gut so! Der Gesetzesentwurf führt nach mittlerweile fast zwanzig Jahren den Begriff der Katastrophe wieder ein. Dies ist ein klarerer Fortschritt, zumal in allen anderen Ländern dieser Begriff genutzt wird. Ferner muss man mal jemandem erklären, warum man aufgrund des bundesgesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe (ZSKG) im Katastrophenschutz tätig ist, obwohl in NRW nur das Großschadensereignis per Gesetz existiert! Dies mag nun nur eine Begrifflichkeit sein, jedoch ist dies im Sinne der Kontinuierlichkeit der Begriffe durchaus zu begrüßen. Leider wird das Großschadensereignis im Gesetzesentwurf nicht verschwinden, sondern mit einer anderen Bedeutung weiter existieren. Hier kann ich mich nur der Einschätzung der Verbände anschließen, dass hier im Sinne der besseren Unterscheidung der Begriffe eine andere Bezeichnung gewählt werden sollte, sofern man überhaupt eine Notwendigkeit für eine Zwischenstufe erkennen kann.
Die altbekannte Ölspurproblematik
Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehren in NRW ist mittlerweile seit langem aufgrund höchstrichterlicher Entscheidung des OVG Münster bekannt, dass eine Ölspur oder ein Kraftstoffspur gemäß aktuellem FSHG als Unglücksfall im Sinne des Gesetzes gilt. Unabhängig davon, ob als freiwilliger oder als hauptamtlicher Feuerwehrmann, jeder dürfte bereits früh in der Karriere mit der ersten Ölspur konfrontiert worden sein. Dass dies als Aufgabe der Feuerwehr definiert ist, schadet m.E. nicht nur der Motivation freiwilliger Kollegen, die regelmäßig ihre Freizeit für die Straßenreinigung opfern müssen, sondern gefährdet gleichzeitig die Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft der Feuerwehren für ihr eigentliches Aufgabengebiet, nämlich der Hilfe bei Bränden, Technischen Hilfeleistungen oder großen Schadenslagen im Katastrophenschutz. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass jene Stellen, die eigentlich originär für die Unterhaltung der öffentlichen Straßen zuständig sind, auf diese Weise Kosten sparen, indem teure Bereitschaftsdienste einfach nicht vorgehalten werden. Hier ist zudem zu beobachten, dass dieses Phänomen von der kleinen Gemeinde bis zum Land NRW zunimmt. Der Gesetzesentwurf des MIK greift dieses Thema zwar auf, ist in der Umsetzung jedoch nicht konsequent genug. So ist im dritten Absatz des ersten Paragraphen nun neu in das Gesetz aufgenommen worden, dass das Gesetz nicht gilt, „soweit vorbeugende und abwehrende Maßnahmen nach Absatz 1 [hiermit ist insbesondere die Ölspur als Unglücksfall gemeint] aufgrund anderer Rechtsvorschriften gewährleistet sind.“ Dies bedeutet übersetzt, dass die Ölspur definitiv weiterhin als Unglücksfall gilt. Lediglich die primäre Zuständigkeit wird klar definiert. Was bedeutet dies jedoch, wenn die Stelle, die nach den genannten Rechtsvorschriften zuständig ist, nicht adäquat reagieren kann oder reagieren will? Dies ist im zweiten Satz des Absatzes beschrieben:
„Bis zum Eingreifen der danach zuständigen Stelle treffen die in § 2 Absatz 1 genannten Aufgabenträger unter Beachtung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 im Wege des ersten Zugriffs bei bestehender oder unmittelbar bevorstehender konkreter Gefährdung von Leben, Tieren, Gesundheit, natürlichen Lebensgrundlagen oder Sachen die erforderlichen Maßnahmen.“
Und was bedeutet dies nun? Die in Paragraph 2, Absatz 1 genannten Aufgabenträger sind in diesem Fall die Gemeinden. Theoretisch sind dies zwar auch die Kreise und das Land, jedoch lediglich für überregionalen Schadenslagen, wovon bei Ölspuren in aller Regel nicht ausgegangen werden kann. Somit sind die Gemeinden in der Pflicht, bei nicht Eingreifen des zuständigen Straßenbaulastträgers, für eine Schadenabwehr zu sorgen. Dies gilt im Übrigen auch für Gemeindestraßen, hier wäre die Gemeinde ja ohnehin primär zuständig. Hier gibt es nun zwei Möglichkeiten für die Gemeinden, mit dieser Situation umzugehen: 1. Die Gemeinde richtet eine Bereitschaft ein, z.B. Bei den örtlichen Bauhöfen angesiedelt, welche sich um die Bekämpfung von Ölspuren kümmern 2. Die Gemeinden lassen alles, wie es bislang war und lassen die Ölspuren weiterhin durch die Feuerwehr als gemeindliche Einrichtung bekämpfen. Für mich ist klar, dass sicher einige Gemeinden im Sinne der Kollegen der Feuerwehr handeln und dies durch hauptamtliche Mitarbeiter des Bauhofes durchführen lassen. Kleinere Gemeinden, bei denen ohnehin weniger Einsatzlagen anzutreffen sind, werden jedoch vor der Situation stehen, dass ein recht teurer Bereitschaftsdienst für relativ wenige Einsatzstellen vorgehalten werden muss. So wird spätestens nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung bei vielen Verwaltungen der gute Vorsatz wieder überdacht werden.
Stellungnahme der Verbände zu diesem Thema
Der Ansatz ist gut gemeint, es wird zudem im Gesetz festgestellt, dass primär andere Rechtsverordnungen übergeordnet greifen könnten, jedoch wird sich in der Realität voraussichtlich nicht viel ändern, so dass das Gesetz an dieser Stelle nicht mehr als eine nette Geste ist. Dies wurde auch in der Stellungnahme der Verbände berücksichtigt und man ist nicht verlegen, dies auch deutlich zu formulieren. So wird als ergänzender Satz für das Gesetz vorgeschlagen: „Ölspuren und Tierkadaver stellen keine Gefährdung im Sinne des Satzes 2 dar.“ Durch diesen Satz könnten die Feuerwehren in NRW entlastet werden und gleichzeitig eine Rechtssicherheit geschaffen werden, welche sich im Streitfall immer um Kosten drehte und auf den Rücken der Kollegen ausgetragen wurde. Es wäre somit wünschenswert, dass dieser Satz im abschließenden Gesetz verankert wird.
Mitwirkung der Gemeinden im Katastrophenschutz
Da die Einheiten, welche im Katastrophenschutz tätig sind, sich zu großen Teilen aus den örtlichen Einsatzkräften der Feuerwehren zusammensetzen, sind die Gemeinden in diesem Umfang bereits am Katastrophenschutz beteiligt. Für überörtliche Planungen und insbesondere die Warnung der Bevölkerung ist weiterhin der Kreis verantwortlich. Die Verbände fordern nun in ihrer Stellungnahme eine Beteiligung der Gemeinden an dieser Aufgabe. Dies mag auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, da die eingesetzten Einheiten ja zu großen Teilen aus den einzelnen Gemeinden stammen. Ich sehe hier jedoch die Gefahr, dass es aufgrund dieser Beteiligung zu Differenzen kommen könnte. Insbesondere bei der Beteiligung vieler Stellen kann dies dazu führen, dass eine Konsenzfindung recht schwierig werden könnte. Die explizit geforderte Verantwortlichkeit für die Warnung der Bevölkerung ist m.E. nur eine Form die Kosten vom Kreis auch in Teilen auf die Gemeinden abzuwälzen. Inhaltlich wird hier nicht viel beizutragen sein, da die Warnung auch weiterhin primär durch Sirenen erfolgen wird. Dies zeigen die jüngsten Beispiele in NRW, bei denen Kreise und kreisfreie Städte ihr Sirenensystem wieder ausbauen. Auch die Nutzung neuer Technik wird hier auch weiterhin im Wesentlichen bei den Kreisen angesiedelt sein, da besonders die Leitstellen als „Schaltzentralen“ diese Aufgaben primär wahrnehmen. Man muss hier nun abwarten, wie das MIK diese Forderung berücksichtigen wird und mit dem Ergebnis leben müssen. Damit endet der erste Teil meiner kleinen Serie mit meinen Gedanken zum Entwurf des zukünftigen BHKG. Ich muss an dieser Stelle betonen, dass ich hiermit meine eigenen Ansichten zu diesem Thema ausdrücken möchte und natürlich auch aus meinem persönlichen Blickwinkel und auf Grundlage meiner Erfahrungen bei zwei Feuerwehren in der Städteregion Aachen hier Stellung beziehe. Daher bin ich auch für alternative Ansichten und eine Diskussion in den Kommentaren offen. Schreibt doch einfach eure Meinung dort nieder! Im zweiten Teil gehe ich dann auf die Themen „Gegenseitige Information bei Großeinsatzlagen“, Brandschutzbedarfsplanung“ und „Aufgaben des Landes“ ein. Hier geht´s zum Artikel!
Update: Mittlerweile sind bei Amazon bereits die kommentierten Versionen von Klaus Schneider und von Ralf Fischer erschienen. Für Aufgabenträger bei Feuerwehren aber auch jeden interessierten Feuerwehrmann zu empfehlen. (Affiliate Links)
Max Nüßler
Kopterflieger, Hobby-Filmer, Berufsfeuerwehrmann und Teilzeit-Blogger
Als Berufsfeuerwehrmann bin ich Teil der Berufsfeuerwehr Aachen. Ich bin dort als Einsatzleiter verantwortlich für die Führung des Teams an Einsatzstellen. Zudem bin ich auch bei der Freiwilligen Feuerwehr Roetgen ehrenamtlich tätig. Weiterhin arbeite ich an meinem Youtube-Kanal und meiner Webseite mit den Inhalten Feuerwehr, Drohnenflug und Film.
I am a professional Fire Fighter working at the Fire and Rescue Service of Aachen, Germany. While on shift in my role as Incident Commander I am responsible for leading the deployed units in case of an emergency. Additional I´m a Volunteer Fire Fighter in the municipaltity of Roetgen, south of Aachen.
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